Forum der Gemeinschaft wappenführender Familien

Ein Forum welches sich mit der Heraldik, angrenzenden Hilfswissenschaften und vielen anderen Themen beschäftigt.
Aktuelle Zeit: 29.03.2024, 14:07

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde


Forumsregeln


Die Forumsregeln lesen



Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 5 Beiträge ] 
Autor Nachricht
Ungelesener BeitragVerfasst: 07.08.2009, 15:07 
Offline
Moderator
Benutzeravatar

Registriert: 15.02.2008, 17:02
Beiträge: 3956
Wohnort: 19322 Breese
" Diejenigen Figuren, die einen Gegenstand der Natur oder der menschlichen Erfindung( der Kunst, des Handwerkes) darstellen, wozu noch die Ungeheuer, erdichtete Gestalten, die in ihrer Grundlage aus dem Tierreich stammen, aber durch die Phantasie verändert sind, gezählt werden, heißen gemeine Figuren. Es gehören sonach in die Klasse der gemeinen Wappenbilder alle, die nicht als Heroldsstücke anzusehen sind, von denen sie sich auch dadurch unterscheiden, dass sie nicht in die Schildränder verlaufen, sondern wenigstens auf zwei Seiten frei im Felde stehen. " S. 53
Dies 150 Jahre alte Bestimmung Dr. Eduard Freiherren von Sacken aus seinem " Grundzüge der Wappenkunde" ,hat noch immer seine volle Berechtigung.
Nun hat Manni ,dankenswerter Weise ,angefangen ,interessante gemeine Figuren uns vorzustellen.Dies erscheint um so notwendiger, wenn der Kreis der Wappenträger ständig wachsen soll und dazu möchten wir ja, mit diesem Forum beitragen, um nicht immer erneut ausgetretende Pfade zu betreten.

Nun sei die Frage zu diskutieren ,dürfen wir tatsächlich alles verwenden?


Nein sagt der Heraldiker zu Recht.

" Das Wappen ist an und für sich ein ritterliches Abzeichen und gehört als solches seiner Wesensheit nach dem Mittelalter an, soll als auch das Gepräge dieser seiner Abkunft beibehalten. Denn , da es noch in derselben Art zusammengesetzt ist aus Schild und Helm, so muß diese gewissermaßen überlieferte Form auch im einzelnen durchgeführt werden; zum Helm würde aber eine modern gezeichnete Schildfigur wenig passen. Zudem führen die meisten Adeligen( Länder,Städte ec. an und für sich) ihr Wappen als ein von den Vorfahren überkommennnes, als ein geschichtliches Gedenkzeichen " S. 54
Nun ist uns jedoch heute als Normalbürger, die mitteralterliche Weltsicht mehr als fremd und durch die Schulbildung geprägt und ob diese ,der historischen Realität nahe kam, ist mehr als fraglich...

Verkürzt betrachtet, dürfte dann nur auf Wappen abgebildet sein ,was in der Zeit der Ritter, diesen bekannt gewesen sein könnte. Ein Blick in die Städteheraldik zeigt heute, eine Reihe von Wappenträgern hat sich aus unter schiedlichen Gründen heraus längst davon entfernt und führt voller Stolz und belächelt von der Fachwelt ihre Wappen.

Diese Entwicklung sollte für Personenwappen vermieden werden ,jedoch woher die immer neuen gemeinen Figuren nehmen?


Einmal aus dem Anerkennen des Prozeßcharakters des Wappenwesens, es gab auch noch nach der " Ritterzeit ", Wappenneuschöpfungen und diese , sind schon nun wieder Geschichte geworden .Diese Werke sind bewußtseinsmäßig, auch als heraldische richtige Motivwahl anzu- erkennen. Insbesondere die Anerkennung der Ständewelt : Adel,Bürger, Bauer bringt zu der jeweils Wappenneuschöpfungszeit neue Motive, es ist historisch fragwürdig ,die Motivwahl( in unserem unhistorischen Verständnis ) nur den Ritter zu überlassen( in unserer Betrachtung).

Eine Überbetonung des Bauernstandes, wie in den 30er Jahren - Blut und Boden Symbole -ist historisch auch wieder falsch, denn der freie Bauer führte nur in Ausnahmefällen Wappen ,deshalb sollte man mit Pflügen, Korn, Hausmarken usw heute sehr vorsichtig sein ,jedoch auch diese nicht verdammen und in eine politsche Richtung einordnen.

" Die Heroldskunst stellt die Menschen in verschiedenen Stellungen ,Beschäftigungen und Kleidungen dar, Männer und Frauen aller Stände, besonders Ritter,Könige, Mönche,Mohren,Narren,Jungfrauen,wilde Männer, letztere nackt und behaart mit langem Stabe und Kranz von Waldlaub, verschiedene Heilige, in der späteren Zeit auch Türken und heidnische Götter( seit dem 16.Jahrhundert) Meistens sind die Figuren vorwärts gewendet, aus dem Schilde heraussehend. " von Sacken S. 55

Auch das 16. Jahrhundert hat zu uns heute genügend historischen Abstand ,so dass man m.E. den Herrn von Sacken durch aus ernst nehmen sollte : " heidnische Götter " da hätten wir im germanisch nordischen Kulturkreis sehr viele und wenn Jahrhunderte ,die Sprache der Wissenschaft Latein war ,würde auch ein Blick in die Mittelmeerländer erlaubt sein. Mit den Türken wäre ich vorsichtig, bei der Bevölkerungszusammensetzung im heutigen historisch kleinen Deutschland, könnte ein in Wappen oft vorkommender von Blut triefenden ,abgeschlagenden Türkenkopf poltisch mißverstanden werden ,obwohl heraldisch berechtigt.

Ein großes Motivfeld sind m.E. Phantasiegestalten , Ungeheuer- haben wir davon nicht Filme Bücher der Gegenwart genug?

" Die verschiedenen , zum Teil aus dem Orient stammenden Sagen von Drachen, Sirenen oder Meerweibern, Basilisken, vom Vogel Greif, vom Einhorn ec. und die Erzählungen vom Bekämpfen derselben bilden den Ursprung dieser Gebilde... " von Sacken S. 71

Wenn unsere Vorfahren heraldisch möglich, sich dessen bedienten ,darf man heute auch diese Gestalten weltweit betrachten und in einer vernetzten Welt auf das Schildbild malen.


Im Jahr 1938 erschien der Deutsche Wappenkalender " Deutsche Erfinder " gemalt von einem bedeutenden Geschichtsmaler, dessen politische Welt heute fragwürdig erscheint...als Künstler jedoch unübertroffen.. Wir finden dort die Abbildung der Familienwappen von Dreyse. Bereits vor der Reichseinigung 1871 gab das preußische Heroldsamt der Familie dieses Wappen:
unter blauem, mit einer aufgehenden goldenen Sonne belegtem Schildhaupte in Rot über einer rechtshin liegenden natürlichen Wallbüchse zwei aufwärts geschrägte Zündnadel- Gewehre, die unteren Schildbilder in der Mitte belegt mit einem silbernen Herzschilde, darin der preußische Adler, auf dem gekrönten Helme mit schwar-silberner Decke eine aufgerichtete silberne Zündnadel zwischen einem offenen, mit goldenen Kleestengel belegten schwarzen Fluge. " S. 492
3 moderne Gewehre im preußischen Wappen für den Waffenerfinder... Auch dies war möglich, zur Zeit der Heroldsämter...
Dem oben zitierten Anspruch des Freiherrn - fast zeitgleich formuliert-entsprach das Adelserhebungsschreiben vom 22.03.1864 nicht und trotzdem dürfte der Erfinder es voller Stolz entgegen genommen haben, weil der nächste Krieg um die Reichseinheit nicht mit dem Schwert gewonnen wurde, sondern mit seiner Erfindung...Damit möchte ich nicht so verstanden wissen, es wäre immer richtig technische Erfindungen in Wappenbilder zu setzten, es ist jedoch auch nicht immer falsch...

Ich hoffe euch zur Diskussion angeregt zu haben und erwarte voller Spannung die nun folgenden zahlreichen Beiträge...

Ingo

_________________
Herold der Roland Wappenrolle Perleberg RWP
http://www.roland-wappenrolle-perleberg.de/


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
Ungelesener BeitragVerfasst: 11.08.2009, 14:23 
Offline
Rang: Altvorderer
Rang: Altvorderer
Benutzeravatar

Registriert: 19.04.2007, 21:20
Beiträge: 3393
Wohnort: Waldshut-Tiengen (Ba-Wü)
Bodinus hat geschrieben:
...Damit möchte ich nicht so verstanden wissen, es wäre immer richtig technische Erfindungen in Wappenbilder zu setzten, es ist jedoch auch nicht immer falsch...

In dem Zusammenhang ist mir ein passendes Zitat aus einem Buch von 1997 (Die Wappen der Kreise, Ämter, Städte und Gemeinden in Schleswig-Holstein) aufgefallen, das ich mir im Urlaub für ganz schmales Geld gekauft habe. :D

Der Autor, Martin Reißmann, schreibt auf Seite 17:

"Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, daß die Wappenkunst mit ihrem klassischen, an die Verhältnisse der Vergangenheit orientierten Figurenschatz und dem Bedürfnis nach streng realistischer Darstellungsweise zu inhaltlichen und formellen Neuerungen nicht geradezu herausfordert. Doch sollte man andererseits ihre Wandlungsfähigkeit auch nicht unterschätzen. Beispielsweise gelten Gegenstände der technischen Welt wegen ihrer Kurzlebigkeit als ungeeignet für ein Wappen. Inwieweit dieses wirklich zutifft, ist bis heute kaum ernsthaft geprüft worden. Das Problem der Alterungsbeständigkeit von Wappenfiguren ist bei den Überlegungen über mögliche Wappeninhalte selbstverständlich stets sorgfältig abzuwägen, daneben aber auch die Erfahrung, daß angesichts des allgemeinen Wandels kulturellen Lebens auch der tradierte Figurenschatz zunehmend unverständlich wird und mancher einst allbekannte Gegenstand heute nur noch als heraldische Figur überdauert, [...].Deshalb sollte man sich nicht scheuen, auch einmal Versuche mit gegenwartsnahen Gegenständen zu wagen und ihrer "Bestandsfestigkeit" zu vertrauen."

Da es in dem Buch um Kommunalheraldik geht, würde ich die Aussagen des Autors nicht ohne Weiteres für Familienwappen gelten lassen. Hier gilt für mich immer noch, dass man sich ein Familienwappen an einem Ritter vorstellen können muss.

_________________
Mitglied des Herold


Bild Consilio et Aequitate Bild


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
Ungelesener BeitragVerfasst: 13.08.2009, 11:34 
Als blutiger Laie (der allerdings auch schon etliche Wappen gesehen hat) schließe ich mich Bernhard's Meinung an.

Ich finde zu modern gehaltene Familienwappen sehen oft unglaubwürdig aus. Man schaut sie an und es kommt einem sofort etwas komisch dran vor... So geht es mir jedenfalls. Es ist dann auch sofort klar, dass es sich um eine Neustiftung handelt.

Letztlich ist es natürlich auch eine Geschmackssache.

Mir jedenfalls gefällt die Vorstellung, ein echter Ritter könnte mein Wappen tatsächlich so getragen haben.

Dominik


Nach oben
  
Mit Zitat antworten  
Ungelesener BeitragVerfasst: 13.08.2009, 12:35 
Offline
Moderator
Benutzeravatar

Registriert: 15.02.2008, 17:02
Beiträge: 3956
Wohnort: 19322 Breese
Also modern kann man auch übertreiben, jedoch gegen Götter Mitteleuropas hätte ich nichts, es muss m.E. nicht immer christlich ausgewählt werden, zu viele Kreuze und Heilige sind mir oft zu viel, einen Computer auf dem Wappen fände ich schrecklich... Jedoch sollte man tatsächlichen Efindern- Gewehr oben- diese Ausnahme gestatten...
Ingo

_________________
Herold der Roland Wappenrolle Perleberg RWP
http://www.roland-wappenrolle-perleberg.de/


Nach oben
 Profil  
Mit Zitat antworten  
Ungelesener BeitragVerfasst: 14.08.2009, 02:51 
Ich finde, es macht auch einen Unterschied, ob das fragliche Symbol im Schildbild zu finden ist, oder in der Helmzier...


Nach oben
  
Mit Zitat antworten  
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:  Sortiere nach  
Ein neues Thema erstellen Auf das Thema antworten  [ 5 Beiträge ] 

Alle Zeiten sind UTC + 1 Stunde


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 13 Gäste


Du darfst keine neuen Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst keine Antworten zu Themen in diesem Forum erstellen.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht ändern.
Du darfst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du darfst keine Dateianhänge in diesem Forum erstellen.

Suche nach:
Gehe zu:  
Powered by phpBB® Forum Software © phpBB Group
Deutsche Übersetzung durch phpBB.de