Am vergangen Sonntag habe ich die Sonderausstellung Mythos Burg des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg besucht.
Die Ausstellung ist grob zweigeteilt. Ein Teil beschäftigt sich mit der Entwicklung des Burgenbaus, dem Alltag auf der Burg, der Ausstattung und Bewaffnung des Ritters und dem ritterlichen Leben im Allgmeinein. Der andere nimmt die Burgenromantik im 19. Jahrhundert auf, den Neubauten und Rekonstruktionen, den Ritterromanen und Opernromantik, also der Verklärung des Mittelalters.
Aus rein heraldischen Gesichtspunkten lohnt sich ein Besuch nicht. Eine Entwicklung des Wappenwesens fehlt ebenso, wie eine Einführung in die Grundlagen. Natürlich wird man bei den Ausstellungsstücken heraldisch fündig, hier ein Kampfschild, dort der Abguss einer Grabplatte, jedoch keine Highlights die über das hinausgehen, was man im Museum über Jahr und Tag ohnehin findet.
Lohnend ist die Austellung für denjenigen, der sich über die Heraldik hinaus für Ritter- und Burgleben interessiert. Belagerung, Turnier, Kampf, Selbstverständnis, alle diese Themen sind angerissen und mit aussagekräftigen Ausstellungsobjekten untermauert, ohne dass aber beim Mittelalteranteil allzu sehr in die Tiefe gegangen wird. Eine nette Ausstellung, von der man nicht enttäuscht wird, wenn man keine übertriebenen wissenschaftlichen Erwartungen hat.
Fotografieren ist in der Sonderausstellung nicht erlaubt.
Exkurs: Dank meiner Kinderschar war ich auch Teilnehmer einer Familienführung. Nach dem Besuch der Ausstellung gab es auch noch eine „Aktion“, dem Anprobieren einer echten Rüstung für Kinder und analog gestrickte Papas. Natürlich habe ich mir das nicht entgehen lassen und kann folgende Erfahrungswerte als Kurzzeitritter wiedergeben: 1) Ich empfand die Rüstung als gar nicht so sehr unbequem. Die Halsberge drückte etwas unangenehm auf den Kehlkopf, was aber zweifellos an den unterschiedlichen Anatomien meinerseits und des Vorbesitzers geschuldet ist. 2) Das Gewicht ist zweifellos merklich, allerdings kommt mir ein gut gefüllter Wanderrucksack subjektiv schwerer vor. Dadurch, dass das Gewicht sehr nah am Körper getragen wird, empfindet man es relativ gering. Freilich habe ich die Rüstung auch nicht allzu lange getragen und gejoggt bin ich auch nicht. 3) Die Bewegungsfreiheit der Arme ist erheblich eingeschränkt. Das Ellbogengelenk lässt sich keine 90° anwinkeln und das Schultergelenk erlaubt kaum über Brusthöhe zu kommen. Ein Schwertschwung um den Kontrahenten von oben den Helm zu spalten ist ausgesprochen schwierig, wenn nicht unmöglich. 4) Die Sicht im Helm (einer Beckenhaube) bei geschlossenem Visier ist absolut mangelhaft. Es ist unmöglich, in einer Menschengruppe bei Bewegung die Übersicht zu behalten. Gleichzeitig Reiter und Fußvolk im Blick zu behalten geht nicht. Das Schlachtverhalten eines Ritters war darum sicherlich in hohem Maße zufallsgesteuert. 5) Es hat mich doch überrascht, dass es einem Ritter selbst keinesfalls möglich war, sein Visier zu öffnen oder zu schließen. Der Bewegungsradius der Armlinge macht das ganz und gar unmöglich. Dementsprechend kann der Ritter auch nicht kurz mal das Visier zu öffnen, um ein wenig Überblick zu gewinnen oder Luft zu schnappen. (Die Frischluftversorgung empfand ich allerdings auch nicht kritisch, allerdings war ich körperlich nicht beansprucht oder im Stress). Ein verrutschter Helm, etwa nach einem Sturz, kann natürlich auch nicht wieder gerichtet werden. Dumm, wenn man in einer kritischen Situation dann keinen Knappen in der Nähe hat, der dann eben mal die Rüstung bedient.
_________________ Gernot
Nun wiegt sich der Raben / Geselliger Flug; Ich mische mich drunter / Und folge dem Zug. (J.W. v. Goethe)
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