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 Betreff des Beitrags: Adels- und Wappenbrief
Ungelesener BeitragVerfasst: 19.05.2009, 10:45 
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Adels- und Wappenbrief

Der ältest bekannte "Wappenbrief" in Deutschland wurde 1360 vom Kaiser Karl IV. an den Hofkaplan "Wicker Frosch" zu Mainz erteilt. In der Folgezeit zunächst noch selten verliehen, nahmen die Adelserhebungen, vor allem seit den Tagen Friedrichs III. (1831-1888) und seiner Nachfolger, bis zum Ende des Reichs einen unübersehbaren Umfang an.

Die "Wappenbriefe" treten gleichzeitig mit den "Adelsdiplomen" auf, obschon wir von ihrer Erteilung nur aus bekannten Quellen wissen. Die ersten erhaltenen Original stammen erst aus der Wende 14./15. Jahrhundert. Das ältest bekannte Original wurde von König Wenzel am 14. Febr. 1392 den Gebrüdern Jan und Claus Conzmann von Staffurt verliehen.

Ursprünglich war das in beiden Diplomarten, wie es auch nicht anders nach Beschaffenheit der ritterlichen Wappen sein konnte, verliehene Wappen für die Adeligen oder die einfachen Wappenbürger in nichts von einander unterschieden. Es war ja das nur einzelnen bevorrechtigten "Nichtritterbürtigen" ausnahmsweise zugestandene ritterliche Familienabzeichen. Erst viel später seit 1530 unter Karl V., machte man eine äußerliche Unterscheidung der "adeligen" und "bürgerlichen" Wappen. Man schuf einen sogenannten "bürgerlichen Helm". Es war dies der ganz geschlossene "Stechhelm", während dem Adel in den Adelsbriefen der offene "Spangenhelm" vorbehalten war. Diese Unterscheidung mag darauf beruhen, daß im 15. Jahrhundert der Stechhelm noch beim Ernstkampf, also auch von den bürgerlichen Kriegern, allgemein gebraucht wurde. Dagegen fand der Spangenhelm lediglich bei adeligen Ritterspielen Verwendung.

Während einer längeren Abwesenheit des Kaisers trat der "Reichsvikar" als sein Vertreter ein und erteilte in seinem Namen - unter anderen Befugnissen - auch Adels- und Wappenbriefe. Zu der Zeit wo solche ausgestellt wurden, bis zum Ende des Reiches, waren die Kurfürsten von Sachsen und der Pfalz, die durch die "goldene Bulle" als Reichsvikare anerkannten Vertreter des Kaisers. Die Viktariatsrechte waren so verteilt, daß der Kurfürst von Sachsen den Kaiser "in den Landen des sächsischen Rechts", der von der Kurpfalz "in den Landen des Rheins, Schwaben und des fränkischen Rechts" vertrat. Sie benutzten diese Stellung und damit das einträgliche Geschäft der Adelserteilung und Wappenleihe sehr ausgiebig. Nur das Recht in den "Reichsfürstenstand" zu erheben, durften sie selbst nicht ausüben. Dies blieb allein dem Kaiser vorbehalten.

Neben dem Kaiser aber wurde das Recht zu adeln und Wappen zu erteilen schon früh von einigen Fürsten ausgeübt, die es aus ihrer "Landeshoheit" ableiteten und in Anspruch nahmen. Es waren besonders die bayerischen Herzöge und pfälzischen Kurfürsten, von denen bereits vom Beginn des 15. Jahrhunderts an Wappenbriefe, aus der Wende des 16./17. Jahrhunderts erste Adelsdiplome vorliegen. Vereinzelt sind dann später Wappen- und Adelsbriefe auch von "Hessen-Darmstadt", "Hessen-Kassel", "Brandenburg" (seit 1663) und "Kursachsen" ausgestellt. Aber aus den seltenen Vorkommen solcher Gnadenakt kann ein förmliches Recht der genannten Fürsten nicht abgeleitet werden, zumal niemals anerkannt, wenn nicht sogar untersagt. Im übrigen beschränkten sich die Landesherren lediglich auf "Notification" oder Anerkennung der ihren Untertanen vom Kaiser verliehenen Standeserhebungen und Wappenbriefe in ihren Territorien. Eine Ausnahme machten die "Kurfürsten von Brandenburg" als "Könige von Preußen", da sie als solche nicht zum "Reichsverband" gehörten. Anders stand es, wenn der Kaiser selbst das "Recht der Adelserteilung und Wappenleihe" an bestimmte Persönlichkeiten verlieh.

Daneben bildete sich das "Kaiserliche Palatinat" als neue förmliche Einrichtung der Wappenverleihung allmählich aus. Erst im 16. Jahrhundert erhielten die "Pfalzgrafen" oder auch "Holzpfalzgrafen" neben den bereits genannten Personen das Recht "bürgerlichen, unbescholtenen, tüchtigen Personen" ein Wappen zu verleihen. Zunächst ist diese Auszeichnung nur vereinzelt erteilt worden, und zwar meist an Juristen und Gelehrte. Zudem waren die "Comites palatini" anfangs an eine bestimmte Zahl der zu erteilenden Diplome im Jahr oder auf Lebenszeit gebunden. Ferner durften sie für die Wappen nie einen "Adler", vor allem aber nicht den "kaiserlichen Adler", oder "Helmkronen" und "offenen Spangenhelme" verleihen, da dieses Vorrecht dem Kaiser vorbehalten war. Schon in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wird die Erteilung des sogenannten "kleinen Komitivs" immer häufiger, ja selbst nicht nur für die Person, sondern als erbliches Vorrecht verliehen; auch an Körperschaften (z. B. Universitäten bzw. Fakultäten) wurde es vergeben. Neben dem "kleinen Komitiv" bildete sich im Anfang des 16. Jahrhunderts das "große Palatinat" aus. Es wurde nun an Fürsten, Grafen und Freiherren verliehen und enthielt das Recht Doktoren zu ernennen,Dichter zu krönen, vor allen dasjenige der Adelserhebung sowie auch das, "Comites Palatini minores" zu ernennen. Auch diese Einrichtung, die nicht mit einer ausgiebigen Erteilung von Wappen bzw. des Adels an alle bedeutenderen Familien bis zu Ende des Reiches sparte, mußte das Ansehen und die Bedeutung des Wappenwesens herabsetzen: das alte Vorrecht des Ritterstandes konnte erkauft werden. Gegen das Überhandnehmen der Adels- und Wappenverleihungen durch die "Holzpfalzgrafen" vermochten in späterer Zeit der Kaiser und auch die Landesfüsten nichts anderes zu tun, als diese unberücksichtigt und unanerkannt zu lassen, wenn sie sie nicht gänzlich annulierten.

Mit der Auflösung des alten "Deutschen Reiches " 1806 ging das, bis auf wenige Ausnahmen angeführte bisher ausschließlich dem Kaiser vorbehaltene Recht der Adelsverleihung mit der vollen Souveränität an alle deutschen "Bundesstaaten" über, deren Fürsten von dieser Befugnis als "Gnadenakt" Gebrauch machten.

(Quelle: E. Gritzner, Heraldik)

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Gruß Alois


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