Hallo und guten Abend,
die unter Denkmalschutz stehende St. Kilian-Kirche in Lichtenau (ca. 15 km süd-östlich von Paderborn) ist von weitem sichtbar und wird auf der Homepage der Stadt zu Recht als „die Krönung des Stadtbildes“ beschrieben. Weit verbreitet ist die Information zum Wappen des Paderborner Fürstbischofs Ferdinand von Fürstenberg (1626-1683). Dieses befindet sich über dem Eingangsportal auf der Südseite:
Mir bislang nicht bekannt war der Wappenstein auf der Nordseite:
Es handelt sich um das Wappen der Familie v. Driburg. Hier der Aufriss nebst Text aus dem WWA:
Die Familie v. Driburg ist im Raum Paderborn zwischen 1256 und 1463 in Erscheinung getreten. Eine Quelle DRI 1 vermutet, dass sie von der Familie von Brakel abstammten und den Namen Driburg erst annahmen, nachdem sie mit der Burg Driburg belehnt wurden:
"Einer der Burgmänner, vielleicht ein Mitglied der Ritterfamilie von Brakel, nannte sich nach jenem Orte und wurde Stammvater der später blühenden Familie der Ritter von Driburg."Ähnlich bewertet es die Quelle DRI 3:
"Wie es damals durchgehende Sitte war, daß die Herren der Burgen, da sie sie nicht alle selbst beschützen konnten, einen Ritter damit beliehen, der alsdann Burgvogt oder Burggraf hieß, den Namen der Burg zu seinem Familiennamen machte, […] vom Bischofe von Paderborn wurde eine Familie damit beliehen, die auf der Burg wohnte, und den Namen Driburg führte."Quelle DRI 13 geht sogar davon aus, dass die Eltern des ersten "von Driburg" ein Amelung von Grove und Luitgarde von Brakel sind.
Anton Fahne hat in seinem Werk (DRI 12) einen Stammbaum entworfen:
An manchen Stellen ähnelt er den verfügbaren Daten, an mancher Stelle scheint es aber auch Irrtümer zu geben: Einen "Bruno" habe ich z.B. nirgendwo anders nachweisen können.
In mühevoller Puzzlearbeit habe ich die zahlreichen Quellen ausgewertet und in einer Tabelle zusammengeführt. Diese ist etwas länger geraten, als ich zunächst gedacht habe:
Wie dem auch sei, belegbar ist, dass die v. Driburgs gut 200 Jahre vornehmlich im Bistum Paderborn ansässig waren. Der Fall und das Ende wird in der Literatur so umschrieben (DRI 4):
"Während das edle Geschlecht der Ritter von Driburg immer mehr an Ansehen und Besitzthum verlor, wie die vielen mitgetheilten Verkaufs-Urkunden bekunden, und endlich in der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts ganz ausstarb [...]"Quelle DRI 1 ergänzt:
"Während das edle Geschlecht der Ritter von Driburg schon im 14. Jahrhundert immer mehr an Ansehen und Besitztum verlor und endlich in der Mitte des 15. Jahrhunderts gänzlich ausstarb, -zwei Paderborner Domherren, Heinrich und Johann von Driburg waren die letzten ihres Stammes- [...]"Eigentlich ist es schwer nachvollziehbar, weshalb eine recht begüterte Familie mit Mitgliedern in wichtigen Ämtern derart schnell an Wohlstand und Bedeutung verliert. Das sie namentlich nicht mehr in Erscheinung treten ist wohl eher der Tatsache geschuldet, dass die Nachkommenschaft endweder weiblich oder im Dienste der Kirche und daher ohne Nachkommen war.
Nun bleibt zu klären, welchem Mitglied der von Driburgs der Wappenstein an der Kirche in Lichtenau gewidmet ist.
Quelle DRI 4 zeigt einen ersten Zusammenhang zwischen Kirche, Lichtanau und den v. Driburg:
"Als im Jahre 1414 der Paderborner Fürst Wilhelm (ein Herzog von Berg) und Theodorich, Graf von Mörs, zugleich zum Erzbischof von Cöln gewählt worden waren, und Fürst Wilhelm, um seine Anhänger besser zu unterstützen, nach Cöln reisete, übertrug er zuvor das Bisthum Paderborn an vier Statthalter, und zwar […] Lichtenau und Kleinenberg an Friedrich von Driburg (welcher deshalb auch wohl als Provisor des Hochstifts genannt wird) [...]"Den entscheidenen Hinweis gibt DRI 5 mit einem auf den 13. Dezember 1434 datierten Eintrag Nr. 102:
"[...] in der Kirche zu Lichtenau, wovon jährlich für Friedrich von Driburg, dessen Frau Bertha von Brobecke und Friedrichs Eltern in der Kirche zu Lichtenau Gedächtnisse gefeiert werden sollen."Somit dürfte der Wappenstein Friedrich von Driburg gewidmet sein.
Weitere Wappendarstellungen sollen sich noch im Kreuzgang des Paderborner Doms (für Johann von Driburg) und in der Kirche von Bad Driburg (für Heinrich von Driburg) vorhanden sein.
Der Kreuzgang ist leider sehr selten geöffnet; die Kirche in Bad Driburg ist zwar auf - leider kommt man aber nur in den Vorraum und schaut dann durch ein Gitter in das Hauptschiff. Insofern dauert es noch, bis ich diese Wappendarstellungen in Augenschein nehmen kann.
Einen schönen Abend wünscht euch
Robert
Quellen:
DRI 1:
Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Alterthumskunde, 35. Band, Dr. Wilhelm Engelbert Siefers und H. Geisberg; 1877
DRI 2:
Westfälische Zeitschrift 119, Ein Lehnsregister der Familie von Driburg aus dem 13. Jahrhundert, Hans Walter Wichert; 1969
DRI 3:
Die Ritterburgen und Bergschlösser Deutschlands, 3. Band, Friedrich Gottschalck; 1820
DRI 4:
Zur Geschichte der Burg Iburg und der Stdt Driburg, Dr. Wilhelm Engelbert Siefers; 1860
DRI 5:
Geschichte des Geschlechts von Oeynhausen, 1. Teil, Julius Graf von Oeynhausen, 1870
DRI 6:
Beiträge zur westfälischen Familienforschung, Band 43/44, Werner Frese, 1985-1986
DRI 7:
http://www.berndjosefjansen.de/jansen1/jansen1-frm3.htmDRI 8:
GEDBAS
DRI 9:
http://personendatenbank.germania-sacra ... iew/60/112DRI 10:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/ ... riburg.jpgDRI 11:
http://www.archive.nrw.de/LAV_NRW/jsp/f ... 0920010548DRI 12:https://books.google.de/books?id=ZJtfAAAAcAAJ&dq=conrad%20von%20driburg&hl=de&pg=PA136#v=onepage&q&f=false
DRI 13:
https://www.genealogieonline.nl/de/west ... 819488.phpHomepage der Stadt Lichtenau zur St. Kilian-Kirche:
http://www.lichtenau.de/54-Kultur-Touri ... tenau.htmlbaukunst-nrw zur St. Kilian-Kirche:
https://www.baukunst-nrw.de/objekte/St. ... --3022.htm